Der BGH hat sich kürzlich mit der Frage befasst, in welchem Umfang die Eltern eine Berufsausbildung ihrer Kinder finanzieren müssen. Es ging um einen typischen „Zahlvater“, dessen nichteheliche Tochter in 1984 geboren war. Im Jahr 2004 legte die Tochter das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,3 ab. Ab dem Wintersemester 2004/2005 bewarb sie sich um einen Medizinstudienplatz. Nachdem ihr kein solcher zugewiesen wurde, begann sie im Februar 2005 eine Lehre, die sie im Januar 2008 erfolgreich abschloss. Ab Februar 2008 arbeitete sie in ihrem erlernten Beruf. Für das Wintersemester 2010/2011 wurde ihr ein Studienplatz zugewiesen; seitdem studiert sie Medizin.

Vom Studium seiner Tochter wusste der Vater zunächst nichts. Er hatte ihr im Jahr 2004 nach dem Abitur geschrieben, dass er vom Abschluss der Schulausbildung ausgeht. Deshalb müsste er keinen weiteren Unterhalt mehr zahlen. Sollte dies anders sein, möge sich seine Tochter bei ihm melden. Nachdem keine Reaktion erfolgte, stellte er die Unterhaltszahlungen für seine Tochter ein. Im Jahr 2011 forderte das Studienwerk den Vater dann auf, Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse zu erteilen. Er sollte vorausgezahlte Ausbildungsförderung ersetzen.

Dagegen klagte der Vater und bekam abschließend Recht. Gemäß den Vorschriften des BGB umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen Ausbildung zu einem Beruf. Geschuldet wird danach eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält. Ein einheitlicher Ausbildungsgang in diesem Sinn kann auch gegeben sein, wenn ein Kind nach Erlangung der Hochschulreife auf dem herkömmlichen schulischen Weg (Abitur) eine praktische Ausbildung (Lehre) absolviert hat und sich erst danach zu einem Studium entschließt (sog. Abitur-Lehre-Studium-Fälle). Hierfür müssen die einzelnen Ausbildungsabschnitte jedoch in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen; die praktische Ausbildung und das Studium müssen sich jedenfalls sinnvoll ergänzen.

Den Eltern muss unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt zumutbar sein. Neben der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern kommt es auch darauf an, ob und inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebt. Der Unterhaltspflichtige muss sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird.

Das kam dem Vater zu Gute. Es bestand im konkreten Fall kein Unterhaltsanspruch mehr. Denn bei einem Alter von fast 26 Jahren bei Studienbeginn musste der Vater typischer Weise nicht mehr ohne weiteres mit der Aufnahme eines Studiums rechnen. Entsprechend hatte er im Vertrauen darauf verschiedene längerfristige finanzielle Dispositionen (kreditfinanzierter Eigenheimkauf; Konsumentenkredite) getroffen. Dieses Vertrauen war im vorliegenden Fall schützenswert, weil ihn seine Tochter trotz seiner schriftlichen Nachfrage zu keinem Zeitpunkt über ihre Ausbildungspläne in Kenntnis gesetzt hatte.