Beim einfachen Berliner Testament setzen sich Ehegatten für den ersten Erbfall gegenseitig als Alleinerben ein und bestimmen die Kinder als Schlusserben. Ziel ist dabei in der Regel die gerechte Schlussverteilung des Nachlasses zwischen den Kindern. Im Vordergrund steht aber zunächst die Versorgung des überlebenden Ehegatten.
Da die Kinder die Vereinbarung der Eltern aufgrund ihres Pflichtteilsrechts aushebeln können, fügen die Eltern vielfach Strafklauseln ein. Eine der bekanntesten Klauseln ist die Jastrowsche Klausel. Macht ein Kind beim Erbgang des ersten Elternteils gegen den Willen der Eltern den Pflichtteil geltend, wird es automatisch beim zweiten Erbgang ebenfalls auf den Pflichtteil gesetzt.
Die steuerliche Konsequenz der Klausel hat der BFH beleuchtet. Im entschiedenen Fall setzten sich die Eltern gegenseitig als Alleinerben ein, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein eigenes Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten setzten die Eheleute vier ihrer sechs Kinder ein. Zwei Kinder wurden enterbt. Zudem enthielt das Berliner Testament eine erweiterte Jastrowsche Klausel. Diejenigen Erben, die den Pflichtteil beim Tod des Erstverstorbenen nicht fordern, sollten beim Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstverstorbenen ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe ihres Pflichtteils erhalten.
Eines der Kinder brachte den Streit vor Gericht, weil es eine doppelte Besteuerung seines Alt-Vermächtnisses sah.
Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst einmal besteuert, nämlich nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin. Da das Vermächtnis zwar damals bereits entstanden war, aber erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert (einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war) auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht abziehen, weil sie diese Schuld mangels Fälligkeit nicht zu begleichen hatte.
Nach dem Tod der Mutter hatte das Kind das jetzt fällig gewordene Vermächtnis nach dem Vater zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Bei deren Nachlass konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit nach dem Vater als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag beim Kind daher nur einmal der Besteuerung.
Faktisch entstand auf das betagte Vermächtnis im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer, einmal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal beim Kind nach dem Tod der Mutter (und zwar in Erfüllung des Vermächtnisses des Vaters, nicht als Erbe der Mutter). Das liegt, so der BFH, an der Jastrowschen Klausel, die das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstverstorbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.