Einige Kirchen und Religionsgemeinschaften sind nach deutschem Recht berechtigt, von ihren Mitgliedern Kirchensteuern oder ein besonderes Kirchgeld zu erheben. Das besondere Kirchgeld ist seit langem umstritten. Es wird indirekt auch von Nicht-Kirchenmitgliedern erhoben und deshalb auch als „Strafsteuer“ angesehen. Bei Ehegatten errechnet sich das Kirchgeld auf der Grundlage des gemeinsamen Einkommens im Fall der Zusammenveranlagung.
Es kam deshalb zu einer Anfrage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Steuerpflichtigen beklagten, dass sie zur Zahlung des besonderen Kirchgeldes für ihren Ehepartner herangezogen wurden, ohne selbst Mitglied einer Kirche zu sein. Sie beschwerten sich auch, dass sie auf die finanzielle Unterstützung durch den Ehepartner angewiesen waren, um das Kirchgeld bezahlen zu können und damit in der Ausübung ihrer Religionsfreiheit vom Ehepartner abhängig waren. Des Weiteren beklagten sie, dass sie zur Zahlung einer unverhältnismäßig hohen Kirchensteuer verpflichtet wurden, weil bei der Bemessung derselben auch das Einkommen des Ehepartners zugrunde gelegt wurde.
Der Europäische Gerichtshof stellte in seiner Entscheidung einstimmig fest, dass keine Verletzung der gerügten Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention vorlag. Nur Ehegatten, die die getrennte Veranlagung wählen, können eine solchermaßen erhöhte Steuerzahlung vermeiden. Meist wäre dies aber mit einem deutlichen Nachteil bei der Höhe der Einkommensteuer verbunden. Man würde also bestenfalls die Pest der Kirchensteuer durch die Cholera der Einkommensteuer ersetzen.