Das deutsche Steuerrecht gilt gemeinhin als eines der weltweit kompliziertesten Besteuerungssysteme. Damit nicht genug. Jetzt kommt etwas Neues, das es in dieser Form noch nicht mal annähernd gegeben hat. Personengesellschaften können ab kommendem Jahr unter gewissen Voraussetzungen steuerlich zu einer Kapitalgesellschaft mutieren. Künftig gibt es also nicht nur bei Covid-19 Mutationen. Es bleibt abzuwarten, wie gefährlich die steuerlichen Mutationen werden.

Der Bundestag hat kürzlich das sog. Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) beschlossen. Ziel ist es, das Gesetzgebungsverfahren möglichst noch vor der Sommerpause, spätestens jedoch vor dem Ende der Legislaturperiode abzuschließen.

Mit dem KöMoG wird eine Option zur Körperschaftsteuer für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften eingeführt. Das soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen in der Rechtsform der KG oder OHG stärken. Mit einem neuen § 1a KStG wird Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften und ihren Gesellschaftern die Möglichkeit eingeräumt, ertragsteuerlich und verfahrensrechtlich wie eine Kapitalgesellschaft und deren nicht persönlich haftende Gesellschafter behandelt zu werden. Das soll erstmals für den VZ 2022 gelten.

Wie das bei den Finanzämtern umgesetzt werden soll, ist uns noch nicht ganz klar. Wenn man bedenkt, dass es Mitte dieses Jahres noch nicht einmal eine vollständige Version der Körperschaftsteuerprogramme 2020 gibt, darf man an solchen Vorhaben Zweifel hegen.

Vom persönlichen Anwendungsbereich werden grundsätzlich alle Gesellschaften erfasst, die auch für einen tatsächlichen Formwechsel nach § 25 UmwStG in Frage kommen. Ausgeübt wird die Option zur Körperschaftsbesteuerung durch unwiderruflichen Antrag, der von der Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft bei dem für die gesonderte und einheitliche Feststellung zuständige Finanzamt zu stellen ist. Der für die Ausübung der Option erforderliche Antrag ist vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem die Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz erfolgen soll. Unabhängig vom Gesellschaftsvertrag muss für die Antragstellung eine Mehrheit von mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen vorliegen.

Mit der Ausübung der Option mutiert die Personengesellschaft steuerlich – aber eben auch nur steuerlich – zur Kapitalgesellschaft. Zivilrechtlich bleibt sie eine Personengesellschaft. Damit bleiben auch zivilrechtliche Fragen zur Haftung der Gesellschafter bestehen. Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung gilt als Formwechsel nach dem UmwStG. Im Fall der Optionsausübung dürfen keine funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen zurückbehalten werden, sofern der Übergang steuerneutral erfolgen soll.

Das im Einbringungszeitpunkt in der Steuerbilanz auszuweisende Eigenkapital wird auf dem steuerlichen Einlagekonto der optierenden Gesellschaft erfasst. Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter, die auf einem variablen Gesellschafterkonto ausgewiesen sind, gehören nicht zum Eigenkapital und erhöhen somit auch nicht das steuerliche Einlagekonto.

Auch auf Ebene des Gesellschafters ändert sich nahezu alles. Die Beteiligung an der optierenden Gesellschaft gilt als Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Beim Gesellschafter führen daher insbesondere durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einnahmen zu Kapitaleinkünften, die auch dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Einnahmen, die er von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezieht, werden zu Lohn-Einkünften. Hier sind dann die Regelungen zur Erhebung der Lohnsteuer anzuwenden. Ein nicht fremdüblicher Teil derartiger Vergütungen (z. B. überhöhte Tätigkeitsvergütung) stellt ein eine verdeckte Gewinnausschüttung dar.

Damit das ganze richtig komplex wird, gibt es auch eine Option zur Rückkehr. Eine Gesellschaft, die zur Körperschaftsbesteuerung optiert hat, kann vor Beginn des Wirtschaftsjahres eine Rückoption beantragen. Die Rückoption gilt wieder als Formwechsel nach dem UmwStG.

Man sieht also: Steuerrecht in Deutschland lässt sich locker noch mehr verkomplizieren.