Der BFH hat sich mit einem Urteil vom März 2018 mal wieder gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt. Es ging um das Abzugsverbot für betrieblich veranlasste Schuldzinsen nach den gesetzlichen Vorgaben des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes.

Die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs bei Überentnahmen wurde im Jahr 1999 eingeführt. Es sollte eine Antwort des Gesetzgebers auf Steuergestaltung durch Zwei- und Mehrkontenmodelle sein. Bis dahin wurde durch solche Konstruktionen versucht, private und somit steuerlich nicht abzugsfähige Schuldzinsen in den Betrieb des Steuerpflichtigen zu verlagern. Mit der Verlagerung wurden die Zinsen in abzugsfähige Betriebsausgaben „umgewandelt“. Da das politisch nicht gewollt war, reagierte der Gesetzgeber mit der vorgenannten Regelung. Diese ist aber nach einhelliger Auffassung im Wortlaut zu weit geraten, weil bei ihrer mechanischen Anwendung bereits ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann. Dieses Problem hat der BFH folgerichtig aufgegriffen.

Seit der damaligen Regelung sind – unter den dort im Einzelnen bezeichneten Voraussetzungen – betrieblich veranlasste Schuldzinsen nicht abziehbar, sondern dem Gewinn hinzuzurechnen, wenn die Entnahmen die Summe aus Gewinn und Einlagen übersteigen und damit sog. Überentnahmen vorliegen. Die Bemessungsgrundlage für das Abzugsverbot ergibt sich aus der Summe von Über- und Unterentnahmen während einer Totalperiode beginnend mit dem Jahr 1999.

Im Streitfall ging es um einen Kfz-Händler, der in den Jahren von 1999 bis 2008 teils Gewinne und teils Verluste erzielte. Er tätigte Entnahmen und Einlagen in ebenfalls stark schwankender Höhe. Zugleich waren im Betrieb Schuldzinsen angefallen. Finanzamt und Finanzgericht versagten in den beiden Streitjahren 2007 und 2008 für einen Teil der Schuldzinsen den Betriebsausgabenabzug, weil Überentnahmen im Sinne der gesetzlichen Regelung vorgelegen hätten. Die Berechnung des Finanzamtes orientierte sich an den Vorgaben der Finanzverwaltung.

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Er begrenzt die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr faktisch erzielten Entnahmenüberschuss und damit auf den Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen. So wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage nicht erhöht und damit der Gefahr vorbeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur teilweisen Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann.

Der BFH hat deshalb der Klage des Steuerpflichtigen teilweise stattgegeben. Die kumulierten Überentnahmen im Zeitraum zwischen 1999 und 2007 lagen nach der Berechnung des Finanzamtes bei 696.931 Euro. Der Kfz-Händler hatte in diesem Zeitraum aber nur insgesamt 391.467 Euro mehr entnommen als eingelegt. Da dieser Entnahmenüberschuss die kumulierten Überentnahmen unterschreitet, bildet er die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen. Die beim Steuerpflichtigen entstandenen Verluste führen somit nicht zu zusätzlichen Überentnahmen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen beliefen sich damit im Streitjahr 2007 auf 23.488,02 Euro (6 % von 391.467 Euro).