Die Diskussionen um verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) beherrschen das Körperschaftsteuerrecht wie kein zweites Thema. Unter einer vGA ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (oder eine verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (sog. Fremdvergleich).

Jetzt hat der BFH – aus unserer Sicht durchaus überraschend – das FG Köln eingebremst. Es ging dabei um die Frage, wie hoch Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen veranschlagt werden dürfen.

Klägerin in dem Verfahren war eine GmbH, die sämtliche Anteile an einer anderen GmbH erworben hatte. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm die Klägerin bei ihrer Alleingesellschafterin (Mutter-GmbH) ein Gesellschafterdarlehen auf, das mit 8 % p.a. verzinst wurde. Die Zinsen waren erst mit Ablauf des Darlehensvertrags zu entrichten. Sicherheiten waren keine vereinbart. Die Mutter-GmbH nahm ihrerseits Fremdmittel in gleicher Höhe und unter identischen Konditionen von ihren Gesellschaftern auf. Daneben erhielt die klagende GmbH ein Bankdarlehen, das mit durchschnittlich 4,78 % p.a. verzinst wurde und vollumfänglich – auch durch die Mutter-GmbH – besichert war.

Das Gesellschafterdarlehen war gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten der Klägerin, insbesondere gegenüber den anderen Darlehensverbindlichkeiten, nachrangig. In ihrer Bilanz erfasste die Klägerin im Zusammenhang mit dem Gesellschafterdarlehen eine Zinsverbindlichkeit auf der Basis von 8% Zinsen. Das Finanzamt vertrat dem gegenüber die Auffassung, dass fremde Dritte einen Zinssatz von 5 % vereinbart hätten. In Höhe der Differenz zum tatsächlich vereinbarten Zinssatz von 8 % liege eine vGA vor.

Der BFH kritisierte die daraufhin ergangene FG-Entscheidung, weil sie nicht den Rechtsgrundsätzen zur Anwendung des Fremdvergleichs genügt. Das FG stellte seine Argumentation darauf ab, dass der mit dem Bankenkonsortium vereinbarte durchschnittliche Zinssatz von 4,78 % den Maßstab auch für das streitige Darlehen bilden müsse. Nach Ansicht des BFH würde sich aber der gedachte und gewissenhafte Geschäftsleiter nicht ohne Weiteres daran orientieren. Denn die Kredite des Bankenkonsortiums waren besichert und vorrangig zu bedienen. Das streitige Gesellschafterdarlehen war dagegen unbesichert und nachrangig. Es widerspricht allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das FG ohne gegenteilige Tatsachenfeststellungen davon ausgeht, dass ein fremder Dritter für ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen denselben Zins vereinbaren würde wie für ein besichertes und vorrangiges Darlehen.

Auch der vom FG angebrachte Hinweis auf die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen ist kein stichhaltiges Argument und für den Fremdvergleich rechtlich unbeachtlich. Bei einem solchen Vergleich ist das „Nahestehen“ des Gesellschafters außen vor zu lassen. Dann wäre aber ein Darlehensgeber gerade kein Gesellschafter, sondern ein fremder Dritter und seine Forderung würde keiner gesetzlichen Rangminderung im Insolvenzfall unterliegen. Würde dann der fremde Dritte im Verhandlungsweg und freiwillig den Vorrang einer Forderung eines anderen Drittgläubigers akzeptieren, würde er mutmaßlich vom Darlehensnehmer eine finanzielle Kompensation für die Hinnahme dieses Nachteils verlangen.

Auch die aktuelle Vermögenssituation der Tochter-GmbH ist für den BFH kein stichhaltiges Argument. Eine zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandene ausreichende Substanz des Darlehensnehmers kann sich nicht zu Gunsten eines geringeren Zinssatzes auswirken. Ein fremder Dritter würde bei der Festlegung der Kreditbedingungen nicht nur auf die aktuelle Vermögenssituation seines Schuldners abstellen, sondern vor allem dessen zukünftige wirtschaftliche Entwicklung in den Blick nehmen. Da er die wirtschaftliche Zukunft seines Schuldners allenfalls prognostizieren könnte, würde er sicherlich einen höheren Zinssatz für die Überlassung des Kapitals fordern als ein abgesicherter Gläubiger.