Die Wut des Gesetzgebers beim Erlass neuer Steuergesetze ist in Deutschland hinlänglich bekannt. Aber was im Moment im Zeichen drohender Krisen so alles abgeht, stellt das bisher Dagewesene weit in den Schatten. Wir werden von neuen Gesetzen, Formulierungshilfen und Gesetzentwürfen beinahe erschlagen. Das umfassendste Gewerk ist im Moment das sog. Jahressteuergesetz 2022. Wir wollen Teile davon beleuchten.

Die Gießkanne zur Verteilung von Wohltaten ist ganz offenkundig zum liebsten Objekt unserer Regierung geworden. Jetzt zieht sie sogar in die Abgabenordnung und damit direkt ins Gesetz ein. Damit soll ein Weg geschaffen werden, um künftig direkte Auszahlungen für öffentliche Leistungen (wie z. B. das Klimageld) unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer zu ermöglichen. Das erscheint unserer Regierung sinnvoll, da es inzwischen modern ist, Geld zu verschenken, ohne sich Gedanken zu machen, wo und wie das Geld künftig erwirtschaftet wird.

Es gibt auch faktische Änderungen in der Steuerbelastung der Bürger. So wird die Homeoffice-Pauschale in Höhe von 5 Euro pro Tag dauerhaft entfristet und der maximale Abzugsbetrag von 600 Euro auf 1.000 Euro pro Jahr angehoben. Die Voraussetzungen für den Abzug werden vereinfacht. Der Nutzen für die Bürger wird aber u. E. gering sein, da die Werbungskostenpauschale zwischenzeitlich auf 1.200 Euro pro Jahr angehoben wurde.

Positiv zu werten ist die Anhebung des linearen Abschreibungssatzes für die Abschreibung von Wohngebäuden auf 3 %. Der Satz für nach dem 30.06.2023 fertiggestellte Gebäude, die Wohnzwecken dienen, wird von 2 auf 3 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben und damit der Abschreibungszeitraum von bisher 50 auf 33 Jahre verkürzt.

Der bisher erst für das Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen wird auf das Jahr 2023 vorgezogen. Die vollständige Abzugsfähigkeit hat zur Folge, dass sich die abzugsfähigen Altersvorsorgeaufwendungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage im Jahr 2023 um 4 Prozentpunkte und im Jahr 2024 um 2 Prozentpunkte erhöhen. Ganz offenkundig soll die Regelung dazu beitragen, den schwelenden Streit um eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden.

Der Sparer-Pauschbetrag wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und die doppelten Beträge für Ehegatten erhöht. Die private Vorsorge soll damit gefördert werden, wenn man in Anbetracht einer künstlich geschaffenen galoppierenden Inflation noch davon sprechen möchte.

Der Freibetrag zur Abgeltung des Sonderbedarfs eines auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes in Berufsausbildung (sog. „Ausbildungsfreibetrag“) wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 924 Euro auf 1.200 Euro je Kalenderjahr angehoben.

Der Ausbau von Photovoltaikanlagen soll mit Wirkung zum 1.1.2023 durch den Abbau von steuerlichen und bürokratischen Hürden beschleunigt werden. Es wird eine Ertragssteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen, überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden (z. B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) eingeführt.

Bei der Umsatzsteuer soll für die Lieferung und die Installation von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern in Zukunft ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz gelten, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Photovoltaikanlage handelt. Die Anlage muss dazu auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen oder öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert werden.

Der Umsatzsteuersatz auf Gaslieferungen soll temporär vom 1.10.2022 bis 31.3.2024 auf 7 % sinken. Das ist wieder ein Paradebeispiel für das völlig planlose Agieren unserer Bundesregierung. Erst hat man die Bürger mit einer Gasbeschaffungsumlage, einer Gasspeicherumlage und erhöhten Bilanzierungs- und Konvertierungsumlagen deutlich belastet, ohne darüber nennenswert zu diskutieren. Und jetzt streut man ihnen den Sand der verbilligten Umsatzsteuer in die Augen. Erinnern Sie sich noch an die missratene Benzinpreissenkung?

Die genannten Punkte sind aktuell Entwürfe. Über den weiteren Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens informieren wir Sie.