Das Steuerrecht kennt vom Grundsatz her eigentlich zwei klar definierte Regelungen zur Ermittlung eines gewerblichen oder freiberuflichen Gewinns, die wirtschaftsjahrbezogene Bilanzierung oder die dem Zu- und Abflussprinzip gehorchende Einnahmen-Überschussrechnung. Letztere erfasst alle Geschäftsvorgänge, die zwischen dem 01.01. eines Jahres und dem 31.12. des Jahres cash zu- oder abfließen.

Seit Jahren schon wird diese Regelung durch eine aus unserer Sicht völlig systemfremde Regelung durchbrochen. Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, abgeflossen sind, werden durch gesetzliche Fiktion diesem Kalenderjahr zugeordnet, auch wenn sie im anderen Jahr abgeflossen sind. Die Sinnhaftigkeit einer solchen systemwidrigen Regel erschließt sich nicht. Als kurze Zeit werden seit jeher 10 Tage angenommen. Damit kommt der Systembruch bspw. bei der regelmäßigen Zahlung für eine Umsatzsteuervoranmeldung in Betracht.

Nun wurde der Unsinn vom FG München noch getoppt. Das Gericht kommt zu der Erkenntnis, dass als „kurze Zeit” ist ein Zeitraum von mindestens 12 Tagen anzunehmen ist. Es stellt sich damit eindeutig gegen die ständige BFH-Rechtsprechung.

Der Kläger in dem Verfahren hatte 04.01.2015 die Zahlung auf seine Umsatzsteuervoranmeldung Dezember 2014 durch Banküberweisung geleistet. Er wollte diese Zahlung, abweichend von der Grundregel, als Betriebsausgabe bei dessen EÜR des Jahres 2014 angesetzt haben. Das Finanzamt lehnte das ab, weil sich die gesetzliche 10-Tages-Frist um 2 Tage auf den 12. Januar 2015 verlängerte. Eine solche Verlängerung tritt von Gesetzes wegen ein, wenn das Fristende auf einen Samstag oder Sonntag fällt.

Das FG München erkennt kurzerhand 12 Tage als „kurze Zeit“ an. Es findet dafür gesetzesimmanente Gründe, welche das auch immer sein sollen. Dass der unbestimmte Begriff „kurze Zeit” laut ständiger Rechtsprechung einen Zeitraum von bis zu höchstens 10 Tagen umfasst, ist nach Ansicht des Gerichts modifizierungsbedürftig, weil es sich mit der innergesetzlichen steuerlichen Logik, die sich im Zusammenhang mit der möglichen Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Aufwand ergibt, nicht in Einklang bringen lässt.
Ergibt sich daher aus der Systematik des Gesetzes ein anderes Auslegungsergebnis, so ist diesem Ergebnis gegenüber einer unbegründeten willkürlichen Festlegung der Vorzug zu geben, auch wenn sie über Jahre Bestand hatte.

Zu der gleichen Rechtsfrage sind beim BFH bereits zwei Revisionen anhängig. Wir sind mal gespannt, welche Begründung der BFH für den Unsinn beibringt.