Seit langem berichten wir über die Besteuerungslücken und Ungerechtigkeiten, wenn es um die Besteuerung multinationaler Konzerne geht. Jetzt scheint erstmals erkennbare Bewegung von Seiten der Politik aufzukommen. Die Europäische Kommission hat dieser Tage neue Vorschriften vorgeschlagen, die sicherstellen sollen, dass digitale Geschäftstätigkeiten in der EU auf faire und wachstumsfreundliche Weise besteuert werden.

Der Boom bei Digitalunternehmen wie Social-Media-Unternehmen, Kooperationsplattformen und Anbietern von Online-Inhalten hat maßgeblich zum Wirtschaftswachstum in der EU beigetragen. Die derzeitigen Steuervorschriften wurden jedoch nicht für solche weltweit tätigen oder online tätigen Unternehmen konzipiert, die nur eine geringe oder gar keine physische Präsenz aufweisen. Die Kommission hat daher zwei unterschiedliche Legislativvorschläge vorgelegt, die zu einer faireren Besteuerung digitaler Geschäftstätigkeiten in der EU beitragen sollen.

Der erste Vorschlag setzt auf eine gemeinsame Reform der Körperschaftsteuer-Vorschriften der EU. Dieser Vorschlag würde es den Mitgliedstaaten erlauben, Gewinne, die in ihrem Hoheitsgebiet erwirtschaftet werden, auch ohne eine physische Präsenz eines Unternehmens in ihrem Gebiet zu besteuern. Die neuen Vorschriften würden sicherstellen, dass Online-Unternehmen genauso wie herkömmliche Unternehmen einen Beitrag zu den öffentlichen Einnahmen leisten.

Die Kommission definiert dabei die „digitale Präsenz“ nach den Kriterien jährlicher Ertrag (mehr als 7 Mio. Euro in einem Mitgliedstaat), Zahl der Nutzer (mehr als 100.000 in einem Steuerjahr in einem Mitgliedstaat) und der Anzahl der geschlossenen Verträge (mehr als 3.000 Geschäftsverträge in einem Steuerjahr).

Der zweite Vorschlag ist die Einführung einer „Übergangssteuer auf bestimmte Erträge aus digitalen Tätigkeiten“. Schon die Begrifflichkeiten zeigen, vor welchen Problemen wir hier stehen. Die technische Entwicklung hat Sachverhalte generiert, die die jetzigen Steuersysteme in der EU nicht abbilden können.

Die Übergangssteuer soll Erträge aus Tätigkeiten, bei denen die Nutzer eine wichtige Rolle bei der Wertschöpfung spielen, abgreifen. Gedacht ist beispielsweise an Erträge aus dem Verkauf von Online-Werbeflächen, Erträge aus digitalen Vermittlungsgeschäften, die Nutzern erlauben, mit anderen Nutzern zu interagieren und die den Verkauf von Gegenständen und Dienstleistungen zwischen ihnen ermöglichen und Erträge aus dem Verkauf von Daten, die aus Nutzerinformationen generiert werden. Solche Tätigkeiten können derzeit nicht wirksam besteuert werden.

Mit den Vorgaben auf EU-Ebene sollen auch einseitige Maßnahmen einzelner Staaten zur Besteuerung digitaler Tätigkeiten in bestimmten Mitgliedstaaten verhindert werden, die zu einem für den Binnenmarkt schädlichen Flickwerk nationaler Maßnahmen führen könnten. Dieses System wird aber klar nur als Zwischenlösung bis zur Umsetzung einer umfassenden Reform gesehen.

Nach den vielen Diskussionen der vergangenen Jahre scheint jetzt wenigstens konkrete Bewegung in die Mühlen der EU zu kommen. Es ist zu befürchten, dass die Diskussion noch Jahre dauern wird. Man könnte auch einwerfen, dass ein Donald Trump schneller zur Hand ist, wenn es darum geht, die EU mit Sanktionen zu belegen. Nicht ganz verständlich ist auch, warum nur „ganz große“ Unternehmen einbezogen werden sollen. Die Besteuerung soll nur für Unternehmen mit jährlichen weltweiten Gesamterträgen in Höhe von 750 Mio. Euro und EU-Erträgen in Höhe von 50 Mio. Euro gelten. Auch die bisher diskutierte Höhe des abzugreifenden Steuersatzes ist unseres Erachtens viel zu gering. Es soll lediglich ein Steuersatz von 3 % aufgerufen werden. Damit erreicht man auch nicht ansatzweise eine Steuerbelastung, wie sie einheimische Unternehmen zu tragen haben. Hat hier vielleicht jemand Angst vor dem Moloch Kapital? Wir sind gespannt, was die weiteren Diskussionen bringen werden.