Das BVerfG hatte mit einem Beschluss in 2021 die steuerliche Vollverzinsung dem Grunde nach als verfassungsgemäß bestätigt. Beanstandet wurde allerdings, dass der Gesetzgeber den dabei angewendeten, festen Zinssatz von 0,5 % je vollem Zinsmonat jedenfalls seit 2014 hätte anpassen müssen. Dieser Zinssatz darf seither zwar für Veranlagungszeiträume bis 31.12.2018 weiterhin angewendet werden. Die Unvereinbarkeitserklärung hat für Zeiträume ab 1.1.2019 aber zur Folge, dass Gerichte und Verwaltungsbehörden diese Normen insoweit nicht mehr anwenden dürfen.

Der Gesetzgeber hat jetzt auf dieses Problem mit einem trotzigen Gesetzesentwurf reagiert. Das BMF hat einen Entwurf eines „Zweiten Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung“ veröffentlicht. Mit dem Vorhaben soll der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15 % pro Monat gesenkt werden. Die Angemessenheit dieses Zinssatzes soll dann unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume evaluiert werden, erstmals zum 1.1.2026.

Die mit dem Gesetz vorgesehene Anpassung der Zinsen bezieht sich ausdrücklich nur auf Nachzahlungs- und Erstattungszinsen. Da sich die Entscheidung des BVerfG ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der AO erstreckt hatte, soll der Gesetzesbegründung zufolge die Frage, ob auch für andere Zinsen oder für Säumniszuschläge eine Neuregelung des Zinssatzes erfolgt, nicht mit diesem Gesetz beantwortet werden. Es bleibt also im Moment offen, ob und wann Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nachjustiert werden. Das Trotzkind Finanzverwaltung zeigt mal wieder sein Gesicht.