Um das Thema „freie Mitarbeiter“ ist es in den letzten zwei Jahren etwas ruhiger geworden, nachdem es zuvor in regelmäßigen Folgen Gerichtsentscheide hierzu gab. Jetzt hat das LSG Baden-Württemberg ein Urteil veröffentlicht, das eine Konstellation beurteilt, die in der Praxis immer wieder anzutreffen ist. Es geht in dem Urteil um die Beschäftigung freier Mitarbeiter in einer physiotherapeutischen Praxis.

In dem zu Grunde liegenden Fall ging es um einen Physiotherapeuten, der zunächst in eigener privater Praxis tätig war. Zusätzlich arbeitete er in einer physiotherapeutischen Gemeinschaftspraxis einige Kilometer entfernt von seiner eigenen Praxis. Mit deren Inhaber hatte er einen Vertrag als „freier Mitarbeiter“ geschlossen. Die durchgeführten Behandlungen wurden über das Abrechnungssystem der Praxisinhaber abgerechnet, die 30 % des jeweiligen Abrechnungsbetrages erhielten. Die Gemeinschaftspraxis verfügte über sechs Behandlungsräume mit einer entsprechenden Ausstattung, wie Behandlungsliegen, Trainingsgeräte etc. Neben den beiden Inhabern waren mehrere Physiotherapeuten als sog. freie Mitarbeiter tätig. Rezeptionsmitarbeiter wurden keine beschäftigt.

Bei der Verteilung der Patienten auf die jeweiligen Physiotherapeuten wurde zunächst einem etwaigen Wunsch nach einem bestimmten Therapeuten Rechnung getragen. Im Übrigen überprüften die Praxisinhaber, ob sie die Behandlung je nach Kapazität persönlich übernehmen konnten. War dies nicht der Fall, wurden die Behandlungen den entsprechenden „freien Mitarbeitern“, abhängig von deren freier Zeitkapazität, angeboten. Entschied sich ein Physiotherapeut, eine bestimmte Behandlung zu übernehmen, setzte er sich unmittelbar mit dem Patienten in Verbindung und vereinbarte mit diesem einen konkreten Behandlungstermin.

Die Deutsche Rentenversicherung stellte in einem Statusfeststellungsverfahren fest, dass der „freie Mitarbeiter“ abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig sei. Hiergegen klagten sowohl die Praxisinhaber als auch der vermeintlich freie Mitarbeiter. Sie führten an, dass der Freie nicht weisungsgebunden gewesen sei und seine Arbeitszeiten selbst habe bestimmen können.

Das LSG Baden-Württemberg gab in zweiter Instanz der Rentenversicherung Recht. Physiotherapeuten können ihre Leistungen grundsätzlich schon im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit erbringen. Maßgeblich ist dafür aber die konkrete Ausgestaltung und die Eingliederung in die Organisationsstruktur und Arbeitsabläufe einer Praxis. Und hieran scheiterten schlussendlich die Beteiligten.

Der Behandler hatte im Rahmen seiner Tätigkeit im Wesentlichen nur solche Patienten behandelt, deren Behandlung ihm seitens der Inhaber angetragen wurden. Zudem hat er die in der Praxis vorgehaltene Ausstattung (spezielle Behandlungsräume, Telefonanlage zur Vereinbarung von Terminen, EDV-Ausstattung) genutzt. Er verfügte nicht über eigene Behandlungsräume, die nur ihm zur Verfügung standen. Außerdem ist er ist nicht werbend aufgetreten, war weder auf dem Praxisschild der Gemeinschaftspraxis noch im Internetauftritt als Behandler namentlich genannt. Auch die Abrechnung durch die Gemeinschaftspraxis über deren Abrechnungssystem spricht gegen eine unternehmerische Stellung.

Die anteilige Vergütung mit 70 % der Außenumsätze generiert kein hinreichendes unternehmerisches Risiko. Das Risiko, nicht wie gewünscht arbeiten zu können, weil Behandlungsmöglichkeiten anderweitig vergeben wurden, stellt für sich kein Unternehmerrisiko dar. Jeden Arbeitnehmer, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird, trifft ein vergleichbares Risiko.