Aufgrund unseres progressiv gestalteten Steuertarifs erhöht sich die Einkommensteuer mit steigendem Einkommen. Wenn es dann zur Zusammenballung von Einkünften aus mehreren Jahren kommt, kann das erhebliche Zusatzbelastungen mit sich bringen. Solche Mehrbelastungen sind vom Gesetzgeber nicht gewollt. Um die progressive Wirkung des Einkommensteuertarifs beim zusammengeballten Zufluss von Lohnnachzahlungen zu mildern, sieht das Gesetz die Besteuerung dieser Nachzahlungen mit einem ermäßigten Steuersatz vor. Voraussetzung ist allerdings, dass die Nachzahlung sich auf die Vergütung für eine Tätigkeit bezieht, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

Die Frage, die der BFH zu beantworten hatte, war, ob diese Ermäßigung auch bei einer Überstundenabgeltung greift. Der Kläger in dem Verfahre hatte über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden ihm die Überstunden in einer Summe vergütet. Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif.

Nach Ansicht von FG und BFH sind die ausgezahlten Überstundenvergütungen ermäßigt zu besteuern. Die Tarifermäßigung findet nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen – hier in Form der Überstundenvergütungen – Anwendung.
Hier wie dort ist allein entscheidend, ob die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet worden ist.

Allerdings reicht es nicht aus, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als dem zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zusammentrifft. Die Entlohnung muss vielmehr für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein.

Zudem hat der BFH klargestellt, dass die für eine ermäßigte Besteuerung erforderlichen wirtschaftlich vernünftigen Gründe für die zusammengeballte Entlohnung sowohl in der Person des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers liegen können und deshalb eine willkürliche, wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Zusammenballung allein aus steuerlichen Gründen die Anwendung der Tarifbegünstigung auf mehrjährigen Arbeitslohn ausschließt.