Wie bereits berichtet, hat das Bundesverfassungsgerichts die 6 %-Verzinsung im Steuerrecht für verfassungswidrig erklärt. Die Finanzämter dürfen das Gesetz nur noch für Verzinsungszeiträume bis einschließlich 31.12.2018 weiter anwenden. Für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 hat das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. Der Gesetzgeber hat dafür Zeit bis zum 31.7.2022. Inzwischen gibt es eine erste Stellungnahme der Finanzverwaltung, wie die Verzinsung im Steuerrecht unter dem Aspekt dieses Beschlusses künftig ablaufen soll.

Die Finanzverwaltung stellt zunächst klar, dass es ausdrücklich nur um Nachzahlungs- und Erstattungszinsen, nicht um Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen und auch nicht um Prozesszinsen geht. Anträge wegen angeblicher Verfassungswidrigkeit solcher anderer Zinsen werden die Finanzämter – entsprechend dem weiter geltenden Gesetz – ab sofort wieder ablehnen. Im Ergebnis müssen diese anderen Zinsen jetzt gezahlt werden.

Es geht zweitens nur um die gesetzliche 6 %-Regelung zur Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen für die Zeit ab 2019. Für die Zeit bis dahin hat das BVerfG das Gesetz ausdrücklich für weiter anwendbar erklärt. Zinsfestsetzungen für die Zeit bis 31.12.2018, die bislang wegen der ausstehenden Entscheidung des BVerfG noch vorläufig oder in ihrer Wirkung ausgesetzt waren, sind nun als endgültig anzusehen. Wenn die Finanzämter bislang für die Zeit bis 31.12.2018 auf die Zahlung von Nachzahlungszinsen im Wege der Aussetzung der Vollziehung vorläufig verzichtet haben, ist damit jetzt Schluss. Die Steuerpflichtigen müssen diese Beträge nachentrichten.

Dagegen hat das BVerfG den Finanzämtern jegliche Festsetzung von Zinsen auf Steuerforderungen und -erstattungen für die Zeit ab 2019 untersagt. Sie dürfen ab sofort für die Zeit ab 2019 „neue“ Zinsen gar nicht mehr verlangen, sondern müssen hierfür abwarten, wie der Gesetzgeber die Dinge neu regeln wird. Aktuell ist somit offen, wie für die Zeit ab 2019 zu verfahren sein wird. Neu zu erlassende Bescheide, mit denen eine erstmalige Festsetzung von Nachzahlungs- oder Erstattungszinsen einhergehen würde, werden von vornherein in Bezug auf diese Zinsen vorläufig „auf null“ gesetzt, bis der Gesetzgeber die Ersatzregelung geschaffen hat und das Finanzamt diese sodann auf die Fälle – ggf. rückwirkend – anwenden kann.

Bei Bescheiden, die vor der Entscheidung des BVerfG ergangen sind und die jetzt geändert werden (müssen), kommt es darauf an, ob sich durch die Änderung für den Steuerpflichtigen eine (weitere) Nachzahlung ergibt oder ob ihm etwas zu erstatten ist. Bei einer (weiteren) Nachzahlung wird das Finanzamt die diesbezüglichen (weiteren) Zinsen – wie bei den Neufestsetzungen – vorläufig „auf null“ setzen. Bei einer Erstattung wird das Finanzamt die insoweit zu viel gezahlten Zinsen mit erstatten. Maßgeblich ist also der Änderungsbetrag nach oben bzw. nach unten.

Je nachdem, wie der Gesetzgeber sodann die Ersatzregelung ausgestaltet, werden die Finanzämter die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen zu gegebener Zeit entsprechend neu festsetzen. Mit diesem Vorgehen soll gewährleistet werden, dass kein Bürger und kein Unternehmen Nachteile befürchten muss. Sind wir mal auf die praktische Umsetzung gespannt.