Der EuGH hatte eine interessante Frage zu klären: Wer haftet für eine Umsatzsteuer, die ein Arbeitnehmer auslöst, der die Daten seines Arbeitgebers verwendet, um falsche Rechnungen auszustellen.

Der Entscheidung lag ein Fall aus Polen zu Grunde. Eine Mitarbeiterin eines Tankstellenbetriebs stellte in der Zeit von Januar 2010 bis April 2014 insgesamt 1679 Rechnungen im Gegenwert von etwa 320.000 Euro aus. Den Rechnungen lagen keine tatsächlichen Warenverkäufe zu Grunde. Zu diesem Zweck verwendete sie die Daten ihres mehrwertsteuerpflichtigen Arbeitgebers ohne dessen Wissen und Zustimmung. Die betrügerischen Rechnungen wurden in den Steuererklärungen des Arbeitgebers logischerweise auch nicht verbucht. Sie wurden von den Rechnungsempfängern dafür verwendet, um unberechtigterweise eine Mehrwertsteuererstattung zu erlangen, ohne dass die entsprechende Steuer zuvor an die Staatskasse abgeführt wurde.

Die polnischen Steuerbehörden forderten die Mehrwertsteuer beim Arbeitgeber ein. Nach deren Ansicht war das betrügerische Handeln durch das Fehlen einer angemessenen Aufsicht und Organisation beim Arbeitgeber möglich gemacht worden. Das befasste polnische Gericht hat die Frage dem EuGH vorgelegt.

Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass die Mehrwertsteuer nicht vom scheinbaren Aussteller einer falschen Rechnung geschuldet werden kann, wenn er gutgläubig ist und die Finanzverwaltung die Identität der Person, die diese Rechnung tatsächlich ausgestellt hat, kennt. In einem solchen Fall ist es diese Person, die zur Entrichtung der Mehrwertsteuer verpflichtet ist.

Um als gutgläubig angesehen zu werden, muss der Arbeitgeber die zumutbare Sorgfalt an den Tag legen, um das Handeln seines Arbeitnehmers zu überwachen und dadurch zu verhindern, dass seine Daten für die Ausstellung falscher Rechnungen verwendet werden. Wird eine solche Sorgfalt nicht nachgewiesen, ist der Arbeitgeber als die Person anzusehen, die zur Zahlung der in den betrügerischen Rechnungen ausgewiesenen Mehrwertsteuer verpflichtet ist. Es ist aber Sache der lokalen Finanzverwaltung oder des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu beurteilen, ob der Arbeitgeber eine solche Sorgfalt an den Tag gelegt hat.