Der EuGH hat aktuell vier Urteile zum Untergang und zur Abgeltung von Urlaubsansprüchen veröffentlicht. Er hat in allen Urteilen deutlich Position zu Gunsten der Arbeitnehmer bezogen. In den ersten beiden Verfahren ging es um die Frage, ob Urlaub automatisch untergehen kann, wenn er nicht beantragt wurde. In den beiden anderen Verfahren ging es darum, ob Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers Anspruch auf finanziellen Ausgleich für nicht genommenen Urlaub haben.

Die ersten zwei Verfahren betrafen einen öffentlichen und einen privaten Arbeitgeber. Ein jeweils dort beschäftigter Arbeitnehmer hatte nicht den gesamten ihm zustehenden Urlaub genommen. In einem der Fälle wurde der Arbeitnehmer sogar zwei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber gebeten, seinen Resturlaub zu nehmen. Er wurde aber nicht verpflichtet, den Urlaub zu einem festgelegten Termin zu nehmen. In beiden Fällen lehnten die Arbeitgeber einen finanziellen Ausgleich ab.

Mit seinen Urteilen hat der EuGH entschieden, dass das Unionsrecht es nicht zulässt, dass ein Arbeitnehmer die ihm gemäß dem Unionsrecht zustehenden Urlaubstage und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub automatisch schon allein deshalb verliert, weil er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub beantragt hat. Diese Ansprüche können nur untergehen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber z. B. durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen, was der Arbeitgeber zu beweisen hat.

Weist der Arbeitgeber jedoch nach, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaubsanspruch tatsächlich wahrzunehmen, steht das Unionsrecht dem Verlust dieses Anspruchs und – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – dem entsprechenden Wegfall einer finanziellen Vergütung nicht entgegen.

In den beiden anderen Verfahren ging es jeweils um einen verstorbenen Arbeitnehmer bzw. dessen Erben. Die verstorbenen Ehemänner hatten vor ihrem Tod nicht alle Urlaubstage genommen. Daher beantragten deren Alleinerben von den ehemaligen Arbeitgebern ihrer Ehemänner eine finanzielle Vergütung für diese Urlaubstage. Die Arbeitgeber lehnten die Zahlung ab.

Der EuGH urteilte, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach dem Unionsrecht nicht mit seinem Tod untergeht. Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können deshalb eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen. Da das deutsche Recht vorsieht, dass eine finanzielle Vergütung nicht Teil der Erbmasse wird, erweist es sich daher als mit dem Unionsrecht unvereinbar. Erben können sich unmittelbar auf das Unionsrecht berufen, und zwar sowohl gegenüber einem öffentlichen als auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber.