Der Gesetzgeber plant Änderungen bei der Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Bislang gibt es dazu allerdings nur einen Gesetzentwurf in Form einer Bundesratsdrucksache. Der Verlauf des weiteren Verfahrens ist deshalb nur schwierig einzuschätzen. Wir möchten rein vorsorglich schon mal auf mögliche Veränderungen hinweisen, weil diese u. U. schon ab 01.01.2023 gelten werden. Erklärtes Ziel der Anpassungen ist eine Annäherung an die Rechtsgrundlagen der Verkehrswertermittlung, wie diese bei Gutachten zur Wertermittlung Verwendung finden.

Das Gesetz sieht bisher drei verschiedene Bewertungsmethoden vor, die je nach Art des zu bewertenden Objektes Anwendung finden. Für Eigentumswohnungen und Ein- und Zweifamilienhäuser war das bisher vorrangig das sog. Vergleichswertverfahren. Allerdings gab es in vielen Gemeinden keine Vergleichswerte, da diese nur unzureichend von den Gutachterausschüssen zur Verfügung gestellt wurden. Man bewertete diese Objekte deshalb nach dem (deutlich günstigeren) Sachwertverfahren.

Um marktnaher zu werden, wurde der politische Druck auf Gutachterausschüsse in den letzten Jahren deutlich erhöht. Diesem Trend will sich die Finanzverwaltung anschließen. Deshalb soll der Vorrang der Marktdaten der Gutachterausschüsse vor den gesetzlichen Pauschalwerten des BewG ins Gesetz einziehen. Dabei sind generell diejenigen Marktdaten zu verwenden, die zum letzten Stichtag vor dem Bewertungsstichtag veröffentlicht wurden, sofern sie nicht älter als drei Jahre sind.

Auch das sog. Ertragswertverfahren wird „verteuert“. Die Liegenschaftszinssätze werden für alle Arten von Grundstücken reduziert. Der Liegenschaftszinssatz ist der entscheidende Hebel in der Ertragswertermittlung. Sinkende Liegenschaftszinssätze führen zu höheren Ertragswerten und umgekehrt. Als Faustregel kann man ungefähr davon ausgehen, dass „ein Prozentpunkt weniger Liegenschaftszinssatz zu ca. 20% mehr Ertragswert“ führt.

Das Sachwertverfahren wird auch geändert und dürfte zu wesentlich höheren Werten führen als bisher. Die bei diesem Verfahren verwendeten sog. Regelherstellungskosten müssen künftig mit dem vom Gutachterausschuss veröffentlichten Regionalfaktor zur Anpassung an das örtliche Baupreisniveau multipliziert werden. Stellt der Gutachterausschuss keine Regionalfaktoren bereit (was bisher oft der Fall ist), ist 1,0 anzusetzen. Auch das tatsächliche Kaufpreisniveau vor Ort wird stärker eingewertet, indem die Wertzahlen, mit denen der Sachwert angepasst wird, erhöht werden. Außerdem wird bei Objekten, die im Sachwert zu bewerten sind, die Nutzungsdauer von 70 Jahren auf 80 Jahre erhöht.

Die Grundbesitzwerte werden somit je nach Objekt und Region teilweise erheblich steigen. Ob damit die aktuellen Wertverhältnisse auf dem Immobilienmarkt abgebildet werden, muss im Einzelfall beurteilt werden. Es wird sicher auch die Anzahl derjenigen Fälle steigen, bei denen der Wert nach BewG den tatsächlichen Marktwert übersteigt. Ein wachsender Bedarf an Gutachtensnachweisen ist zu erwarten.